„Shlama“ ist das aramäische Wort für Frieden und begegnete mir jeden Tag während meiner Reise in die Ninive-Ebene/Nordirak. Die dort beheimateten Assyrer benutzen es als Begrüßung, doch der gewünschte Frieden bleibt für die assyrisch-aramäischen Christen noch lange ein Traum. Ein Traum, den sie als Graffiti an ihre Wände malen. Das Jahrtausende alte Volk ist das Verlassen seiner Heimatstädte gewohnt, die einst die Wiege der Zivilisation bildeten. Die neuste Bedrohung: Der Islamische Staat (IS).
Ich denke zurück an diesen Sommer, als ich mich in ihren zerstörten Kirchen und Häusern befand und das begutachtete, was der IS zurückgelassen hat. Von der Kirchenbibliothek ist nichts mehr übrig außer Schutt und Asche. In den Häusern herrscht Chaos. Sie beherbergen nur noch verbrannte Erinnerungen eines früheren Lebens. Einige Bewohner kommen langsam zurück und bauen wieder auf, weil sie ihre Heimat nicht aufgeben möchten. Wenige, wie die ältere Dame Rahna, weigerten sich sogar anfangs ihre Häuser zu verlassen und lebten für einen kurzen Zeitraum unter der Herrschaft des IS. Nun sind viele wieder da. Doch die Infrastruktur ist schwach, die Sicherheit ein großes Fragezeichen und die Unterstützung des Staates gering.
Als ich Helfer von verschiedenen Organisationen treffe, verstehe ich sofort, dass bürgerschaftliches Engagement hier wichtiger ist denn je. Ich traf den Assyrer Nahro, der in den USA aufwuchs und mir über seine Rückkehr im Jahre 2008 erzählte. Er hatte zum ersten Mal das Gefühl „zu Hause angekommen“ zu sein. 2014 gründete er die „Shlama Foundation“ als Antwort auf die IS Invasion, um seine Mitmenschen mit Hilfsgütern zu unterstützen und ihre Häuser wieder aufzubauen. Volontäre von „Etuti Institute“ leiten heute Sportaktivitäten in Flüchtlingscamps und geben so traumatisierten Kindern neue Perspektiven und Freude am Leben. Viele junge und alte engagierte Bürger gaben ihre Schulbildung und berufliche Tätigkeit auf und gründeten die „Nineveh Protection Unit“, um ihre Städte und Familien militärisch verteidigen zu können.
Bürgerschaftliches Engagement zeigt sich in vielen Facetten und Personen. Zusammen schaffen sie eine Gemeinschaft, die auf Respekt, Vertrauen und gegenseitige Unterstützung ruht. Vielleicht kommt der Frieden ganz langsam. Vielleicht weicht das Weggehen bald dem Dableiben.